Geschichte (Quelle: www.pferdezeitung.de)

 
Die Wiege der Shagya-Araber steht im alten Österreich-Ungarn. In den kuk-Staatsgestüten – in Langschrift: kaiserlich und königlich -, allen voran Bábolna und Radautz entstand eine neue Pferderasse. Mit der Entstehung des Gestütes Bábolna nahm auch die Geschichte der Shagya-Araber ihren Lauf. Wir befinden uns zu Anfang des 19. Jahrhunderts mitten in der österreichisch-ungarischen Donaumonarchie. Pferde waren sowohl für die Kriegsführung als auch für die Repräsentation bei Hofe unabdingbar. Die früheren Kaltbluttypen, die ihre gepanzerten Reiter trugen oder schweres Kriegsgerät zogen, hatten ausgedient. Und so verlangte auch das österreichische Königshaus nach wendigen, ausdauernden und dazu auch noch schönen Pferden.

Zum Zwecke der Zucht dieser Pferde wurde auf Erlass des österreichischen Kaisers Joseph II im Jahr 1789 das Staatsgestüt Bábolna in Ungarn in der Nähe von Budapest gegründet. Diese Region bot sich als Standort für ein Gestüt geradezu an, denn es standen riesige Weideflächen zur Verfügung, und die einheimische Bevölkerung hatte ihr Händchen für die Pferdezucht bereits bewiesen. Das „ungarische Arabien“, wie Graf Carl Gustav Wrangel Bábolna in Anerkennung seiner Bedeutung für die Shagya-Araberzucht nannte, wurde per Erlass des Kaisers dazu verpflichtet, sich der Zucht „… einer schöneren, besseren und stärkeren Gattung Pferde …“ anzunehmen. Grundstock des Gestütes waren sowohl Araberstuten als auch Lipizzaner, Andalusier, Moldavier, Siebenbürger und Stuten weiterer Landpferderassen. Diese bunte Mischung verschiedener Pferderassen in der Anfangszeit des Gestütes kam sicherlich auch dadurch zustande, dass das Gestüt zunächst als Durchgangs- und Quarantänestation für im Ausland angekaufte Pferde diente, die anschließend in das Muttergestüt Mezöhegyes gebracht wurden. Einen leicht orientalischen Einschlag allerdings hatten die Pferde in Bábolna bereits von Anfang an, denn Ungarn stand lange Zeit unter türkischer Herrschaft.

Um 1816, das als Geburtsjahr der heutigen Shagya-Araber gilt, erfolgte dann auch ein Erlass der Gestüts-Oberdirektion aus Wien, die Bábolnaer Pferdezucht noch weiter in Richtung Araber zu verlegen und künftig Bábolnaer Stuten nur noch mit orientalischen, sprich Araber-Hengsten anzupaaren. Die Hinwendung zu den arabischen Pferden war nicht abwegig, denn sie waren bei den Königs-und Fürstenhäusern der damaligen Zeit sehr beliebt. Sie galten als die sagenhaften Pferde aus dem Morgenland, und gefährliche Expeditionen wurden unternommen, um diese edlen Tiere im Orient zu erstehen. Die beiden ersten für Bábolna zugekauften orientalischen Pferde waren der Hengst Gidran und die Stute Tifle. Diese beiden Pferde wurden durch einen adeligen Agenten, Baron Fechtig, geliefert. Gidran wurde im Mutter-Gestüt Mezöhegyes aufgestallt. Tifle bezog direkt eine Box in Bábolna und brachte ein Hengstfohlen von Gidran mit Namen Gidran I zur Welt. Gidran I wurde Hauptbeschäler in Bábolna und blieb dort mehr als 10 Jahre im Deckeinsatz. Es kamen noch weitere orientalische Hengste und auch Stuten hinzu.

In den Jahren 1835-39 wurden neben spanischblütigen Hengsten auch mehrere englische Vollbluthengste als Beschäler in Bábolna eingesetzt. 1836 fand wieder eine Hinwendung zu den Arabern statt. Es wurde ein neuer Gestütskommandant für Bábolna eingestellt, der auch gleich eine persönliche Reise in den Orient, genauer gesagt, nach Syrien antreten durfte, zwecks Pferdeeinkauf vor Ort. So reiste Gestütskommandat Major Freiherr Eduard von Herbert gen Syrien und erstand von den in der Umgebung von Damaskus und Aleppo lebenden Beduinenstämmen fünf wertvolle Zuchtstuten und neun Hengste. Unter ihnen befand sich auch der Namensgeber der Shagya-Araber, der damals 6-jährige und heutzutage fast legendäre Hengst Shagya. Freiherr von Herbert fand Shagya bei dem Beduinenstamm der Bani Saher. Der Hengst wird beschrieben als ein „geapfelter Honigschimmel“ und entsprach mit seiner für einen Araber stattlichen Größe und seinem stabilen, dabei aber edlen und formschönen Gebäude dem großrahmigen Arabertyp, der in Bábolna gezüchtet werden sollte. Shagyas Nachkommen bestachen durch Ausdauer, Eleganz und Stärke und begründeten so zu recht seinen Ruf als Linienbegründer. Bis Shagya aber den in Bábolna gezüchteten Arabern seinen Namen geben konnte, sollten noch fast 150 Jahre vergehen. Ja richtig, die Shagya-Araber gibt es unter diesem Namen erst seit 1978. Dem Jahr nämlich, in dem sie offiziell als arabische Reinzuchtrasse durch die WAHO (= World Arabian Horse Organization) anerkannt wurden. Den griffigen, orientalisch anmutenden Namen eines der Linienbegründer zu nehmen, war einfach eine Marketingstrategie. Bislang liefen die Shagyas nämlich unter dem Begriff – ja welchem eigentlich? – Bábolnaer Araberrasse oder Araber der Bábolnaer Zucht. Das waren natürlich keine Namen, die man sich gut merken konnte und deshalb für eine „Corporate Identity“ völlig ungeeignet. Schließlich entsann man sich des Honig-Apfelschimmels und fortan wurden die Shagya-Araber nach einem ihrer Linienbegründer und gleichzeitig der ältesten, noch heute existierenden Shagya- Hengstlinie benannt. Ein weiterer Grund für die Namenswahl Shagya war, dass sich bei Durchsicht von englischer Literatur zum Thema Araber herausstellte, dass dort Shagya bereits als gängiger Begriff benutzt wurde. So war mit der Namenswahl auch eine Verständlichkeit im englischsprachigen Raum gegeben. „Corporate Identiy“ – weltweit sozusagen.

Aber zurück ins vergangene Jahrhundert. Der Hengst Shagya zog 1836 nach einer langen und gefährlichen Reise aus Syrien zusammen mit 14 anderen Wüstenarabern in Bábolna ein. Da die Expedition sehr erfolgreich war und die Nachzuchten der im Orient erstanden Araber zu großen Hoffnungen berechtigte und diese Pferde in Militärkreisen als sehr ausdauernd und hart galten, folgten noch weitere Expedition sowohl nach Ägypten als auch nach Syrien. So fanden innerhalb von kurzer Zeit vier Linienbegründer der Shagya-Araber ihre Heimat in Bábolna: Gidran, El Bedavi, Shagya und Dahoman. Übrigens wurden alle als Linienbegründer der Shagya-Rasse angesehenen Stammväter bei den Beduinen in der Wüste geboren.

Ein Beduinenjunge wird Gestütskommandant

Aber nicht nur wertvolle arabische Pferde wurden von den Orientexpeditionen mitgebracht; im Jahr 1857 landete auch ein 14-jähriger Beduinenjunge in Ungarn. Er hatte sich der Expedition in Beirut angeschlossen, weil er die von seinem Vater verkauften Pferde nicht verlassen wollte. Als der Kaiser bei der Musterung der neu eingetroffenen Pferde den Jungen sah, gefielen ihm dessen Mut und Pferdeliebe. Er schickte ihn auf die Kadettenschule. Seine Chance nutzend, schlug der Junge dort die Offizierslaufbahn ein und wurde aufgrund seiner Pferdekenntnisse Anfang der siebziger Jahre dem Gestütsdepartement zugeteilt. Mihály Fadallah el Hedad, wie er sich selbst nannte, war durch seine arabischen Sprachkenntnisse und sein Wissen um die Verhältnisse im Vorderen Orient sehr wertvoll für Pferdeeinkäufe in den arabischen Ländern. Er leitete daher zahlreiche Expeditionen und erstand so wertvolle Linienbegründer wie den Rapphengst O’Bajan und den Hengst Koheilan. Verdientermaßen wurde Mihály Fadallah el Hedad 1899 zum Gestütskommandanten von Bábolna ernannt. Dieses Amt übte er lange Jahre aus, und selbst nach seiner Pensionierung wohnte er noch im Schloß des Gestüts, um seinen geliebten Araber- Pferden nahe zu sein. Er starb 1924 und wurde in Bábolna begraben. Seine Büste steht heute noch im Gestütshof direkt neben dem Grabstein seines Lieblingshengstes O’Bajan. Der unter der Leitung von Mihály Fadallah el Hedad eingekaufte und ebenfalls linienbegründende Hengst Koheilan brachten den Bábolnaer Arabern überregionale Bedeutung. Ein direkter Nachkomme dieses Hengstes sorgte dafür, daß die in Bábolna gezüchtete Araberrasse auch über die Landesgrenzen hinaus Anerkennung fand und das Gestüt zum bedeutendsten Arabergestüt Europas wurde. Der Koheilan-Sohn Koheilan I wurde nämlich auf der Weltausstellung in Paris im Jahr 1900 als bester Halbbluthengst prämiert. Parallel zu dem für die Shagya-Zucht so wichtigen Gestüt Bábolna entstand im Jahr 1774 als weiteres k.k.-Staatsgestüt das Gestüt Radautz in den Ostkarpaten im heutigen Rumänien. Radautz züchtete, bedingt durch einen regen Austausch von Zuchtmaterial mit dem Gestüt Bábolna, auch Shagya-Araber der verschiedensten Hengstlinien. Durch die geographische Lage waren die Aufzuchtbedingungen in Radautz rauher und härter als in Bábolna. Dennoch wurde bei einer Gestütsinspektion festgestellt, daß von mehr als 1600 in Radautz lebenden Pferden lediglich 13 krank waren. Die dort gehaltenen Pferde strotzten vor Kraft und Lebensfreude. Dies fand seinen Niederschlag auch in den dort gezogenen Shagya-Arabern. „Hart wie ein Radautzer“ war ein geflügeltes Wort in Züchterkreisen, und die aus Radautz stammenden Shagyas waren gegenüber den Bábolnaer Shagya-Arabern kräftiger, größer und mehr sportbetonter.

Kriegswirren

Bereits bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges, im Jahr 1914, mußten die Pferde des Gestütes Radautz evakuiert werden. Der Pferdebestand zerstreute sich. Ein Teil der Pferde landete im slowakischen Gestüt Topolcianky und begründete die dortige noch heute bedeutende Shagya-Zucht. Ein anderer Teil wurde von einer Privatperson, dem Grafen Esterhazy aufgekauft, um dann 1936 an das Gestüt Bábolna abgegeben zu werden. Durch diesen Rückkauf konnte eine ebenfalls durch Kriegswirren entstandene Lücke im Pferdebestand des Bábolnaer Gestütes wieder geschlossen werden. Auch Bábolna wurde evakuiert, jedoch nicht vollständig, denn die hochträchtigen Stuten und jene, die gerade gefohlt hatten, mussten zurückgelassen werden. Im Jahr 1919 wurde Bábolna dann von rumänischen Truppen besetzt und die zurückgelassenen Pferde wurden damit erbeutet. Mit diesen original Bábolnaer Pferden gründeten die Rumänen im Jahr 1929 das Gestüt Mangalia am Schwarzen Meer und legten so den Grundstein für eine erfolgreiche und später auch von Ungarn unterstützte Nachzucht der Bábolnaer Araber, der späteren Shagya-Araber. In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen übernahm Tibor von Pettkó-Szandtner die Gestütsleitung in Bábolna. Als begeisterter Fahrer sorgte er dafür, dass die Bábolnaer Pferde, insbesondere in Fahrprüfungen auf Turnieren im In- und Ausland erfolgreich vorgestellt wurden. Auch in Deutschland sorgte der von ihm vorgestellte Fünferzug mit Shagyas für begeisterte Zuschauer auf den Rängen des Aachener Turniers. Unter seiner züchterischen Leitung wurde die Rasse konsolidiert und verlorene Hengstlinien wieder in Ungarn eingeführt. Sehr schnell allerdings war die blühende Zucht wieder bedroht durch den Zweiten Weltkrieg. Tibor von Pettkó- Szandtner konnte die Bábolnaer Pferde vor der sowjetischen Besetzung rechtzeitig in Sicherheit bringen. Nochmals wurde das Gestüt evakuiert – dieses Mal allerdings vollständig. Diese Evakuierung sorgte aber dafür, daß die Shagyas erstmalig nach Deutschland kamen und zwar genauer gesagt nach Bergstetten in Bayern. Unter der Besatzungsmacht der Amerikaner wurden diese Pferde aber durch Zwangsversteigerungen und Export in die Staaten in alle Winde verstreut. Der Beschützer und Bewacher der Bábolnaer Pferde Tibor von Pettkó-Szandtner musste sich von seinen Shagyas trennen. In Ungarn als Vaterlandsverräter angeklagt, weil er ja durch die Evakuierung der Pferde Staatseigentum unterschlagen hatte, wurde er auch aus Bayern ausgewiesen. Er landete schließlich im Jahr 1949 als Gestütsleiter in einem Vollblut-Araber-Gestüt in der Nähe von Kairo, das später den Namen El Zaraah erhielt. Dieses Gestüt sollte fast 20 Jahre später auch Bábolna wieder mit Pferden versorgen.

Wiederaufbau

Aber selbst aus dem Exil heraus setzte Tibor von Pettkó- Szandtner sich für das Wohl der Shagya-Araber ein. Denn ab 1947 konnten einige Pferde wieder in das verwaiste Bábolna zurückkehren. Teilweise wurden sie angekauft, teilweise auch an Ungarn zurückgegeben. 200 Shagya-Araber standen schließlich wieder in Bábolna. Ein absolut zu bewahrender Schatz, wie Tibor von Pettkó- Szandtner in einem Brief an den ungarischen Landwirtschaftsminister deutlich machte. Denn einige dieser zurückgekehrten Stuten waren tragend von Hengsten, die von Deutschland aus in die USA verbracht wurden – ungeborenes Leben mit einer nicht zu wiederholenden Abstammung aus Hengstlinien, die vom Aussterben bedroht waren. Aber zunächst sollten die Zeiten für die Shagyas in Ungarn hart bleiben. Denn die Politiker, die nunmehr über die Belange des Gestütes zu entscheiden hatten, unterwarfen Bábolna konsequent dem Gedanken der Wirtschaftlichkeit und züchteten ausschließlich marktgerecht, sprich schwere Pferde für den Einsatz in der Landwirtschaft. Nachdem auch dort die Mechanisierung eingesetzt hatte, ging die Pferdezucht ganz zurück und erst in den Jahren ab 1966 wurden wertvolle Shagya-Araber-Zuchtpferde exportiert, insbesondere nach Deutschland und Dänemark. 1968/69 konnte sich das Gestüt wieder den Luxus der Araberzucht leisten. Mitte der Siebziger Jahre wurde eine Vollblut-Araberherde in Bábolna neu aufgebaut und zwar wurden zu diesem Zwecke Pferde aus dem ägyptischen Staatsgestüt El Zahraa eingekauft. Und die in diesem Zusammenhang gekauften Hengste wurden auch für die Zucht des Shagya-Arabers in Bábolna verwendet. Mit Hilfe der im Jahr 1983 gegründeten Internationalen Shagya-Araber-Gesellschaft (ISG) , einem Zusammenschluß von Shagya-Züchtern aus Deutschland, Dänemark, Österreich und der Schweiz, der sich heute auf 16 Länder sowohl in Europa als auch in Übersee ausgedehnt hat, geht es wieder aufwärts mit der Shagya-Zucht in Bábolna. Durch Überlassung von wertvollem Zuchtmaterial aus westeuropäischen Ländern konnte die Shagya-Zucht in Bábolna wieder eine bedeutende Stellung erlangen.

Shagyas heute

Heute befindet sich der größte Anteil des weltweit nur auf 1.700 Zuchtpferde geschätzten und damit sehr kleinen Bestandes der Shagya-Araber in Deutschland. Mit 750 Shagya-Araber-Zuchtpferden ist Deutschland das bedeutendste Zuchtgebiet dieser edlen Pferde. Vor allem aus Bábolna und Topolcianky, aber auch aus den Gestüten Borike und Karadjordjevo in Jugoslawien kam der Shagya-Araber nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland. Die Zucht konzentrierte sich damals vor allem im Gestüt Ankum und im Gestüt Nettetal der Baronin Wrangel, das in der Nähe von Osnabrück liegt. Mittlerweile sorgen Privatzüchter in ganz Deutschland dafür, dass die Shagya-Rasse erhalten bleibt. Denn bei der Zahl von 1.700 Exemplaren sollten diese Pferde eigentlich auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Haustierrassen stehen.

Aussehen und Charakter

Dass er größer ist als ein normaler Araber, wissen wir schon. Ein Grund dafür ist der planmäßige Zuchteinsatz von Araberhengsten, die grundsätzlich ein Stockmaß von um die 160 cm haben mussten. Ein weiterer Grund liegt in den besseren Aufzuchtbedingungen, die diese Araberrasse in Europa gegenüber den Wüstenarabern hatte. Auch haben sicherlich die frühen Einkreuzungen von Lipizzanern und Englischem Vollblut dazu beigetragen, dass die heutigen Shagya-Araber eine Größe von mindestens 150 cm bis etwa 160 cm Stockmaß haben.
Der Shagya-Araber stellt innerhalb der arabischen Rassen einen eigenen, klaren Typ dar. Seine Abstammung ist sorgfältig dokumentiert, früher liebevoll handschriftlich, oft über mehr als 20 Generationen. In den Papieren wurden aber nicht nur Abstammung, Farbe und Größe, sondern zusätzlich auch noch Charaktereigenschaften und Angaben zu Gangwerk und Reiteigenschaften des Pferdes vermerkt. Man merkt, es steckt sehr viel Liebe dahinter. Dennoch wurden bei Gründung der WAHO in 1972 die Shagyas als eigenständige Araberrasse zunächst nicht anerkannt. Dies geschah erst 1978 – in dem Jahr, als auch Shagya seinen Namen gab. Die Shagyas sind kräftige arabische Pferde mit einem stabilen Fundament und mehr Knochenstärke als der Vollblutaraber. Das zeigt sich unter anderem auch daran, dass sie einen Röhrbeinumfang nicht unter 18 cm haben sollten. Ihr Kopf ist in der Regel deutlich orientalisch geprägt, weist aber ein mehr gerades Nasenprofil auf. Die Ohren sind hoch angesetzt, kurz, spitz und beweglich, um sehr viel von den Umwelteinflüssen herum wahrzunehmen. Die Augen sind groß, lebhaft und ausdrucksvoll. Der Widerrist ist nicht sehr ausgeprägt und reicht weit bis in den Rücken hinein. Die Schulter ist mäßig schräg gelagert. Die Kruppe ist ebenfalls nicht sehr lang, aber im Gegensatz zu den Vollblutarabern abgerundet. So kann der Shagya-Araber besser unter seinen Schwerpunkt treten und hat dadurch bedingt bessere Reiteigenschaften. Die meisten Shagya-Araber sind Schimmel und zwar 80 bis 90%. Ein Shagya-Araber-Züchter bezeichnete die Schimmel als absolut rassetypisch. Als weitere Farben treten aber auch Braune und Füchse auf. Rappen sind sehr selten. Kein Wunder also, dass der Lieblingshengst des Bábolnaer Gestütsdirektors Mihály Fadallah el Hedad der Rapphengst O’Bajan war. Schließlich war er schon allein durch seine Farbe eine Besonderheit. Wildfarben, wie sie die Fjordpferde aufweisen sowie Schecken finden sich bei den Shagya-Arabern gar nicht. Was das Interieur, also den Charakter der Shagyas angeht, so kann man ihn unter zwei Begriffe stellen: menschenbezogenes Blutpferd. Die Bedeutung des ersteren dürfte klar sein und erklärt sich schon aus seiner orientalischen Herkunft. Bei den Arabern waren die Pferde Familienmitglieder. Sie wohnten und lebten mit ihnen auf engstem Raum. Diese Menschenbezogenheit hat der Shagya-Araber behalten. Was den Begriff Blutpferd angeht, so ist darunter ein sensibles, schnell auf Umwelteinflüsse reagierendes Pferd gemeint. Dadurch bedingt ist der Shagya-Araber kein Pferd für den Reitanfänger. Eine gewisse Reiterfahrung, Sattelfestigkeit und Sicherheit ist vonnöten, wenn ein Reiter an diesen sensiblen Pferden Freude haben will.

Verwendung

Das oberste Zuchtziel und der eigentliche Entstehungsgrund der Shagya-Araber war ein rittiges Pferd arabischer Abstammung. Deshalb stand bei den Shagyas schon immer der Leistungsanspruch im Vordergrund. So werden nicht nur die Hengste, sondern auch die Stuten seit mehr als 100 Jahren einer Leistungsprüfung unterzogen. Die Leistungsprüfung für die Stuten dauerte beispielsweise im 19. Jahrhundert ein ganzes Jahr lang. Unter dem Bábolnaer Gestütsleiter Tibor von Pettkó-Szandtner wurden die Shagya- Stuten nicht nur geritten, sondern auch gefahren und mußten auf Jagden mit der Meute gehen.Bei den Shagya-Araber-Hengsten gibt es – im Gegensatz zu den Vollblut-Araber-Hengsten – Körzwang und Leistungsprüfungspflicht. Seit kurzem können die Shagya- Hengste ihre Leistungsfähigkeit auf drei verschiedene Arten unter Beweis stellen.Zum einen gibt es den sogenannten 100-Tage-Test, der identisch ist mit der Leistungsprüfung der Warmblüter und bei dem die Hengste auf Station gehen, beispielsweise nach Marbach oder Warendorf. Dann kann seit 1998 auch die ZSAA-Turniersport-Hengstleistungsprüfung (ZSAA ist die Abkürzung für den Zuchtverband für Shagya-Araber, Anglo-Araber und Araber e.V.) abgelegt werden. Diese hat den Vorteil, daß die Hengste vom Besitzer selbst vorgestellt werden können. Inhaltlich ist sie wie der 100-Tage-Test aufgebaut. Nur wird die komplette Prüfung in 1-2 Tagen durchgezogen – eine hohe Anforderung an die Leistungsfähigkeit der Hengste. Sie werden übrigens in dieser Zeit tierärztlich überwacht. Die Ergebnisse der Tierarztkontrollen fließen in das Prüfungsresultat mit ein. Eine dritte Möglichkeit, wie Shagya-Hengste in den begehrten Status eines gekörten Deckhengstes gelangen können, ist die Prüfung im Distanzsport. Bislang gibt es nur wenige Shagya- Hengste, die diese Art der Hengstleistungsprüfung abgelegt haben. Der Shagya-Araber ist aufgrund dieser geprüften Leistungsfähigkeit ein vielseitig einsetzbares Pferd für viele Sparten des Pferdesports. Man findet Shagya-Nachkommen sowohl im Spring-, Dressur-, Military- und Jagdreiten als auch sehr erfolgreich im Fahrsport. Ganz besonders rasant zeigten sich vier Shagya-Araber-Kutschpferde in dem 1924 gedrehten Film „Ben Hur“ als rasende Schimmel- Quadriga vor einem Kampfwagen. Als typischer Araber mit Ausdauer und Härte versehen, ist der Shagya natürlich auch im Distanzsport auf den vorderen Plätzen zu finden. Er steht seinem Stammvater, dem Vollblutaraber, in dieser Disziplin in nichts nach.

Aber auch als Veredler in der Warmblutzucht wurde und wird der Shagya-Araber bereits seit Anfang des Jahrhunderts auch in Deutschland eingesetzt. Er vererbt vor allem seine hervorragende Springveranlagung. Sportpferde der internationalen Spitzenklasse führen Shagya-Blut in ihren Adern. Fritz Tiedemann, Alwin Schockemöhle, Hans-Günther Winkler sind genau so erlauchte Namen wie die ihrer vierbeinigen Sportkollegen Retina, Ramona, Romanus, Ratina Z. Alle diese bekannten Springpferde stammen, wie man aus dem Anfangsbuchstaben ihres Namens schon fast schließen kann, von ein und demselben Hengst: Ramses AA, einen Anglo- Araberhengst, geboren 1937. Und Ramses geht mütterlicherseits zurück auf den bekannten Radautzer Shagya-Hengst Shagya X. Auch der Schimmel Milton, international herausragendes Springpferd unter John Whitaker, führt Shagya-Blut. Das gewinnreichste deutsche Militarypferd des Jahres 1996 führt Shagya-Blut, und so könnte die Liste fast endlos weitergehen. Man sieht, Shagya-Araber sind edle Pferde und das Zuchtziel der Rittigkeit, das vor fast 200 Jahren festgelegt wurde, ist auf jeden Fall und für viele Sparten der Reiterei erreicht.

Zuchtverbände

Wie bei sehr vielen Pferderassen, so gibt es auch bei den Shagya-Arabern zwei Zuchtverbände in Deutschland. Es ist zum einen der

ZSAA = Zuchtverband für Shagya-Araber, Anglo-Araber und Araber e.V. Postfach 1236
63822 Schöllkrippen
Tel. 06024/1775 und Fax 06024/8213

und der

Verband der Züchter und Freunde des Arabischen Pferdes e.V.
Bissendorfer Str. 9
30625 Hannover
Tel.: 0511/550166, Fax 0511/550088 VZAP im Internet

Literatur

Verlag Ingrid Zeunert